Horno: Hier wohnte mal die Frau Fielo

Schon lange sollten die Leute aus Horno in Brandenburg dem Kohlebagger weichen. Erst jetzt verloren sie Hoffnung und Heimat – ihre nagelneuen Häuser sehen aus wie seltsame Gebilde aus dem Versandhauskatalog.

Frau Fielos Hoffnung starb nicht, als sie beschlossen hatte, sich zu fügen und den Hof zu verlassen. Ihre Hoffnung starb, als man hinterm Dorf den schönen Eichenwald abhacken ließ. Da war ihr Horno nicht mehr das alte. Der Wind jaulte jetzt um die Häuser, und die Gewitter, die früher oft am Wald hängen geblieben waren, krachten mit Macht überm Dorf.

Es war nicht so, dass Frau Fielo Gewitter auf einmal fürchtete. Der Wald hatte bloß mehr abgehalten als nur Blitz und Donner. Er stand zwischen ihr und der Gewissheit. So lange er da war, konnte sie sich der Illusion hingeben, die Kohle würde ihr Dorf verschonen. Als er weg war, wusste sie, dass die Kohle es sich nehmen wird und sie gehen muss.

Am 3. Mai hat Helga Fielo Horno verlassen und ist in einen anderen Ort in ein neues Haus gezogen, allein und mit fast 60. Der Grund dafür liegt unter ihrem alten Ort, 500 Meter entfernt von ihrem alten Haus. Man kann ihn manchmal auch hören, bei Südwind, so ein Quietschen, das einem ins Mark fährt.

Heute weht der Wind aus Ost, und man muss den Feldweg entlang fahren, um die Dinge zu sehen, im Süden heraus aus dem Dorf, wo das Auto auf der harten Schlammkruste aufsetzt. Da stehen am Feldrain dürre Apfelbäume, die kleine krüppelige Früchte tragen, ein letztes Mal. Am Weg liegen die Vorboten ihres Todes, rotbraune biegsame Rohre sind das, wie übergroße Würste sehen sie aus. Grundwasser fließt da durch. Hunderte Pumpen saugen es aus dem Boden, das Leben verschwindet in den Würsten, die Landschaft versteppt und endet jäh mit einem Schnitt: Steil hinab stürzt der Blick, viele Meter tief bis zu einem ersten Absatz. Dann weiter in die Tiefe, noch mal 30 Meter bis zum braunschwarzen Grund. Kohle. Bagger, die aussehen wie liegende Kräne, nagen am Erdreich, schürfen es ab, hieven es auf eine riesige Eisenkonstruktion, die über der Grube spannt wie ein umgekippter dreckiger Eiffelturm. Sie schafft auf Förderbändern die Erde auf die Südkante der Grube. Und nächstes Jahr oder übernächstes schaufelt sie dorthin die Erde unter Horno, dem alten Dorf der Frau Fielo. Es wird zu Abraum.

Es gibt keine Wunder

Der Tagebau steht dicht vor Horno in der Niederlausitz, noch 300 Einwohner. In den neunziger Jahren des 20. Jahrhunderts sah es so aus, als könnte sich das Dorf vor der großen Kohlelobby retten, nur mit den Mitteln des Rechts. Heute sagen sie im Dorf, ihnen kann nur noch ein Wunder helfen. Und sehen den Staub auf ihren Autos und Fenstern und Dächern, der aus der nahen Grube kommt, und wissen, es gibt das Wunder nicht.

Dass sie die Natur so kaputt machten, sei mit das Schlimmste, sagt Helga Fielo. Schlimmer beinahe, als dass sie ihr altes Haus abreißen werden und die Scheune und den Stall. Während sie spricht, patscht ihre Hand nach etwas, das kaum zu sehen ist. Patscht noch mal. Diese verdammten Spinnen, sagt sie, und ihr Zeigefinger zerquetscht etwas Schwarzes in der Größe einer Eintagsfliege. Sie sagt, sie kann Spinnen im Haus nicht leiden.

Man sieht sie leicht, auf den weißen Fliesen, auf dem hellen Teppich und an den weißen Wänden in ihrem neuen cremefarben getünchten Haus, an das sie sich noch gewöhnt. 200 Quadratmeter. Sie hat es sich nach ihrem Geschmack eingerichtet, hat als Türstopper Plastikkugeln mit erstarrten Blüten darin hingestellt und im Flur wieder das Schokoladenmädchen aufgehängt. In der Schrankwand im Wohnzimmer stehen Fotos der Enkel. Die Witwe besitzt jetzt ein pastellfarbenes Esszimmer, obwohl sie meistens in der Küche isst.

Jeder Raum sieht aus wie ein Möbelfoto im Versandhauskatalog. Voll gestellt, unberührt.

Für 15 Jahre Strom liegt noch Braunkohle unter Horno. 39 Jahre lang hat Helga Fielo in Horno gelebt. “ Man hat sich da ja verwachsen”, sagt sie, als wäre sie vorher von weither gekommen, wo sie nur aus Lübbinchen stammt, 15 Kilometer Luftlinie von Horno entfernt.

Helga, eines von neun Geschwistern, hat 1961 Günter geheiratet, den sie in Jänschwalde beim Tanz kennen gelernt hatte. Hat im selben Jahr die erste Tochter geboren. Und ’63 Karfreitag, die zweite war unterwegs, zogen sie in Horno, im Hof seines Vaters, ein: Dorfstraße 26, gegenüber dem Friedhof, der mitten im Dorf liegt wie die Feldsteinkirche und das Denkmal vom Ersten Weltkrieg. 1967 kam das dritte Mädchen. Heute hat sie sieben Enkel; der jüngste kam im August. Sie lächelt. Zwingt Tränen zurück. Weil doch ihr Mann starb über dem Hausbau, vor Weihnachten 2001, an Lungenkrebs, mit 62. Sie sagt, im Lausitzer Satzbau: “Wenn er das neue Haus wenigstens hätte noch fertig sehen können.”

Frau Fielo zählt sich zu den Alten jetzt, trägt schwarze Bluse und schwarze Hosen, wegen der Trauer, aber hält doch auf sich, hat sich ins kurze dunkle Haar lavarote Strähnen gefärbt. Sie will nach vorne blicken, sagt sie. “ Sonst mach ich mich ja alleene verrickt.” Die ersten drei Wochen im Mai waren schlimm. Blöd war das, sagt sie, kannte das nicht von sich, so ein Zweifeln. Da hat sie jeden Morgen aufpassen müssen, dass sie nicht nach Horno zurückfährt, hat sich gefragt: Warum tun die mir das an?

Sie hat sich nach Peitz umsiedeln lassen, in ein als Kleinstadt verkleidetes Dorf. Es liegt nur ein paar Kilometer entfernt. Wie anderswo einen Berg sieht man hier von überall her in der Ferne die Kühltürme des Kraftwerks Jänschwalde, das von der Kohle lebt, für die Horno untergeht. Dreizehn Familien aus Horno ziehen nach Peitz. Die anderen ziehen alle an den Rand der Stadt Forst, rund 220 Leute. Seit das klar ist, unterscheidet man in Horno in die Peitzer und die Forster.

Die Geliebte angebaggert

Die Peitzer hatten als Erste die Nerven verloren oder die Lust am Kämpfen gegen den Bagger. 1999 gingen sie zur Lausitzer Braunkohle AG, der Laubag, und baten um Bauland in Peitz, zunächst heimlich, weil sie damit eingestanden, dass sie den Kampf um die Heimat verloren gaben. Wo bis dahin alle zusammen gehalten hatten und die Prozesse durchlitten und gesagt hatten, ich kette mich an, die sollen mich mal hier wegkriegen. Wir sind doch nicht mehr in der DDR.

Oder wie Bernd Siegert es sagt: “Entweder man liebt jemanden oder nicht”. Das ist pathetisch für ihn. Siegert ist groß und schwer, weizenblond und rot im Gesicht, kurz angebunden und klug. Er ist 50. Er war 38, als sie ihn zum Bürgermeister machten. Was ihm die Zeit genommen hat, kann ihm kein neues Haus wiedergeben. Er schaut kaum auf, wenn er knurrt: “Wir verlieren die Heimat, was soll man groß sagen?”

Siegert liebt Horno, aber die Geliebte hat ihn müde gemacht, so lange schon ist sie totgesagt. Seit 1977 dürfen sie nicht neu bauen, weil schon damals die Behörden beschlossen hatten, Horno der Kohle zu opfern, dem Strom und der Idee, die kleine DDR zur großen Industrienation zu machen. Aber nach der Wende, als es hieß, ihr bleibt stehen, haben sie ihre Häuser neu verputzt und eine Solaranlage aufs Dach des Gemeindebüros gesetzt, das mal die Dorfschule war. Der Kindergarten wurde schön gemacht und ein Blitzer aufgestellt. 1994, es war schon nicht mehr sicher, ob sie stehen blieben, kam alles unter Denkmalschutz. Man hatte sich der sorbischen Wurzeln entsonnen, der slawischen Vorväter. In der Verfassung Brandenburgs steht, der Siedlungsraum der Sorben muss geschützt werden. Das sollte nützlich sein vor Gericht. Sollte.

Als ein Prozess nach dem anderen verloren ging für Horno, und es war schon bald 2000, da wollten die Fielos sehen, wo sie bleiben. “ Man wird ja nicht jünger”, sagt Helga Fielo, ruft es mehr, wie, um es sich selbst zu erklären: “Es tut sich ja nicht mehr so!” So gingen sie zur Laubag, nicht heimlich, und wurden gleich eingeladen, ein Grundstück zu besichtigen: Am Hornoer Ring 3, 1398 Quadratmeter. Das alte hatte über 3000 und Obstbäume, Pflaumen, Süßkirschen, Birnen, Äpfel, Walnüsse. Sie redeten sich das neue, kahle schön. “ Was brauch’ ich das wieder so groß”, fragte sie. “ Kost’ doch alles Steuern.” Ihr Mann, noch war der Krebs nicht da, habe erst nach Forst gewollt, “mit dem großen Haufen”. Er sei ja der Hornoer. Und jeden Freitag im Männerchor, schön gesungen hat er. Aber dann hätten sie ihn bearbeitet, die Frau und die Töchter, weil es mit Forst alles so dauerte. Sieh mal, sagten sie, in Peitz sind die Ärzte gleich nebenan und die Kaufhalle und der Bäcker, da müssen wir nicht mehr Auto fahren. Anders als in Forst. Da hat Günter Fielo eingewilligt, denn gefahren war er sein Lebtag genug.

Hauptsache schön warm

Invalid waren sie da schon beide, die Knochen kaputt vom Arbeiten in der Landwirtschaft. Trecker war er gefahren vom 16. Lebensjahr an. Rüben hat sie gehackt und Ställe ausgemistet. Als die Ärzte sagten, das geht nicht mehr, Ihre Schultern sind kaputt, ist sie in die Küche des Kraftwerks gewechselt. Als das nicht mehr ging und die Wende kam, war sie froh, noch Reinemachen zu können: im Kraftwerk, das Horno verheizen wird. Aber was wollte man? Hauptsache Arbeit. Als die Schmerzen zu groß wurden und sie zu Hause bleiben musste, war sie keine 56.

Fielos hatten Zeit. Sie wollten noch etwas vom Leben, und das war nicht mehr der Sieg über die Kohle.

Nun liegt der Mann in Peitz begraben, und sie ist allein im neuen Haus. Um es warm zu haben, muss sie bloß noch ein Ventil aufdrehen, statt wie ihr Leben lang einen Ofen zu heizen. Das sei schon schön, doch, sagt sie, zögernd, vermeidet das Wort besser, als beginge sie dann Verrat am Vergangenen. Sie ist froh, dass es noch manches zu tun gibt. Die Terrasse fliesen und ein Geländer an die Kellertreppe bauen lassen, Beete anlegen. Wenn man was tut, sagt sie, hört man auf zu grübeln. Und wenn jemand sie besucht, eine Tochter oder die Enkel, fängt es schon an zu werden wie früher in Horno. Der Alltag im neuen Haus zieht sich wie ein Vorhang vor das frühere Leben.

Sie sagt, manche in Horno bereuten ja jetzt, dass sie nicht auch nach Peitz gegangen sind. Weil sie dann alles schon hinter sich hätten. So wie sie.

Vielleicht spricht Bernd Siegert, ein Forster, deshalb nicht über die Peitzer: Weil sie schon wissen, was alle, die noch in Horno sind, nicht glauben können – dass das Leben wirklich weitergeht, trotz allem und nicht mal schlecht. Und auch wenn er selbst dafür gesorgt hat, dass es ihnen in Forst an nichts fehlen wird, an nichts Materiellem, scheint Siegert den Gedanken schwer zu ertragen.

Und der Kirchturm kommt mit

Sie hatten doch Zeit schinden wollen, um mit der Zeit ihr Dorf zu retten, mit Klagen, Anhörungen und Demonstrationen, mit allem, was die neue Demokratie hergab. Jetzt, wo der Bagger ihnen die Nächte vergällt, haben sie das Gefühl, Zeit zu verlieren. Weil es doch bloß so kommt, wie niemand es wollte: In Forst entsteht ein Neu-Horno. Wieder mit dem Teich und dem Kirchturm im Herzen, den sie in Horno abtragen und dort aufbauen werden. Die Straße wird ähnlich laufen, die Grundstücke werden so groß sein wie vorher und die Häuser den alten ähnlich sehen. Heimat wird imitiert.

Es ist wie in der DDR, die Kohle wird ihnen das Dorf nehmen. Aber sie sollen sich nicht fühlen wie in der DDR, wo man 66 Dörfer einfach ausgelöscht hat und die Menschen stumpf auf die Plattenbausiedlungen der Städte verteilt hat. In Neu-Horno werden bloß einige Gehöfte nach Norden liegen statt wie früher nach Süden. Viele, die Nachbarn sind, können wieder Nachbarn sein. Die heute Öfen haben, werden Heizung haben und für das Vieh wieder Ställe. Und die Pflanzen für die Gärten bezahlt ihnen die Laubag. Ist alles ausgehandelt. Das hat gedauert.

Was es kostet, erfährt man nicht. Die Kohle soll den Menschen geben, was sie ihnen nimmt. Als ob das geht.

Menschenrechte, ja gut . . .

Oder wie soll man den Glauben an die Gerechtigkeit wieder finden, wenn er verloren ist, weggesogen über die Jahre wie das Wasser aus der Erde? “ Man muss jetzt die Ungerechtigkeit erdulden”, sagt Bernd Siegert. Er weiß nicht, hat er versagt? “ Was soll noch passieren? Was?” Nach zehn Gerichtsverfahren. Der Ausgang eines der letzten, vorm Europäischen Gerichtshof, ließ sie schier verzweifeln. Dort hat man gesagt, ja, der Tagebau greift in eure Menschenrechte ein. Aber man müsse abwägen, und so obsiegte das wirtschaftliche Wohl der Region, das von der Kohle abhänge und das die Gegenseite ins Feld geführt hatte. 4000 Arbeitsplätze garantiert die Laubag.

Das ist die Zahl, die alles andere aushebelt seit Jahr und Tag, weil Arbeit in der Lausitz, am Rand der Europäischen Union, kostbar ist, kostbarer bald als der Bodenschatz, der mit ihr gehoben wird. Siegert kann vorrechnen, dass die Zahl zu hoch ist, er kann Wissen über CO 2- Emissionen ausstoßen, über den schlechten Wirkungsgrad des alten Kraftwerkes und wie Horno vom Bagger zu umfahren wäre ohne Verluste für das Unternehmen. Und dass es aber längst um ein Exempel geht, dass ein kleines Dorf nicht gegen einen großen Energiekonzern gewinnen darf. Das Wort monopolistisch fällt.

Siegert, der Schlosser, ist über die Jahre zum Bergbau- und Umweltexperten geworden, zum Halbjuristen und Psychologen natürlich, der Misstrauen und Neid vom Dorf fern halten wollte und dafür Solidarität bewahren, als alle des Protests müde wurden und der Umzug unausweichlich.

Das war nicht leicht, weil zum Beispiel eines Tages ein Wortführer des Widerstands umschwenkte, über Nacht, und alle antrieb, schnell Verträge zu machen mit der Laubag. Dann redeten die Leute und fragten: Hat nicht dessen Sohn gerade an die Laubag verkauft? Weiß er, was rauszuholen ist?

Vor einem Jahr meldete eine Nachrichtenagentur, Horno sei schon ganz leer, nur noch die Alten seien übrig. Und das Fernsehen kam gleich und filmte. “ Immer nur die paar kaputten Häuser und die ollen Pferdeställe”, sagt Bernd Siegert. Wo doch noch alle da waren und die meisten alles schön in Schuss hatten. Sofort keimte der Verdacht, der Unsinn müsse von jemandem lanciert sein. Bald darauf schrieben die Zeitungen, das wird das letzte Weihnachten in Horno sein. Weil 2001 dann doch nicht das letzte Weihnachten für das Dorf war und weil die Presse nichts mehr ausrichten konnte gegen die Bagger, beschlossen die Hornoer zu schweigen. In ihrem Kampf wollten sie Verbündete. In ihrer Ohnmacht wollten sie allein sein.

Einen halben Kilometer noch zum Bagger. Wenn er auf Findlinge stößt, gibt es jedes Mal einen Knall, aber das hält ihn nicht auf. Im Herbst nächsten Jahres sollen die letzten das Dorf verlassen.

Bernd Siegert nennt das solidarisch, wie es läuft: 70 Prozent nach Forst, fast ein Dorf. Baut dort bald selbst, ja. Die Worte versiegen. Sein neues Haus wird Stein auf Stein die Niederlage seines Lebens dokumentieren, dass er das alte aufgeben muss.

Die Geliebte stirbt. Was ihm bleibt, ist Enttäuschung. Keine vorübergehende, hitzige, sondern tiefe Resignation bleibt, wie eine Kerbe in die Seele gehauen ist die, mit jedem Urteil, jedem Schachzug der Konzerne und jeder Rede der Politiker ein Stück tiefer.

Sie hatten nicht ins Blaue hinein prozessiert. Manfred Stolpe, Ministerpräsident damals, verehrter Landesvater, kam Anfang der Neunzigerjahre nach Horno mit Matthias Platzeck, dem Umweltminister. Helga Fielo sagt, sie hätten ihnen Mut gemacht und Unterstützung versprochen. Sie habe es geglaubt, habe gedacht, der Westen wäre weiter und “dass man nicht mehr braucht die Natur kaputt machen für Strom”, dass sie auf Wasser setzten oder Wind. Was Stolpe und Platzeck dann taten, war, der Braunkohle-Industrie ein Gesetz zu machen, das den Untergang Hornos festschrieb.

Wenn die Rosen wieder blühen

In Frau Fielos Einbauküche stehen jetzt Geräte, die Sensorlogic heißen und Competence. Der älteste Enkel kann im ersten Stock wohnen, aber er ist auf Montage und fast nie da. Zu groß sei das Haus nicht, nein. Das alte sei doch das Haus des Mannes gewesen. “ Es muss doch was bleiben von ihm. Wir wollten nicht weg. Wir hatten es uns schön gemacht!” Sie hatten den Dachboden ausgebaut, die ganzen siebziger Jahre über, für jedes Mädchen eine Stube und je nachdem, ob Geld da war. Und wenn, karrten sie im Trabant alles heran, Sitz ausgebaut, Ziegel rein. “ Und ich habe”, sagt sie, “in der Schürze die Steine die Leiter ‘raufgeschleppt.” Und lacht und hält die Hand wie damals, mit der Schürze.

Das neue Haus zu bauen hat ein Dreivierteljahr gedauert, sie brauchten nur zuzusehen. Frau Fielo läuft zur sogenannten Sommerküche im Nebengebäude, das weiß im Garten steht und mit dem braunen Giebel aussieht wie ein bayerisches Bauernhaus in klein. Das soll ihr Ersatz sein für den Stall und die Scheune von 1928, die sie in Horno hatten. Es sind zwei Garagen dort, die leer stehen, denn Günter Fielo fuhr ein Leben lang, aber Helga Fielo kann es nicht. In der Küche könnte sie Obst einwecken oder Futter für Viecher kochen, obwohl sie keine Obstbäume mehr hat und nicht weiß, ob sie wieder Hühner haben will. “ Vielleicht verreise ich ja mal”, sagt sie und schaut, als sei das ein verwegener Gedanke. Sie entdeckt eine neue Spinne an der Wand. Patsch.

Nach vorne schauen, Helga, du musst nach vorne schauen, sagt sie sich. Und ist viel im Garten, wo neue Beete sind wie mit dem Lineal gezogen und nächstes Jahr die alten Rosen aus Horno blühen sollen in runden Rabatten.

Und dann denkt sie sich schon manchmal: Ja, jetzt ist es meins.

Erscheinungsdatum
16.11.2002
Verlag
Süddeutsche Zeitung


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